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»Schön, ich geb's zu. Ich komme darauf, weil mir jemand etwas erzählt hat.«
»Ach. Und wer war das?«
»Eine Miss Whittaker. Eine Lehrerin.«
»O ja, natürlich. Elizabeth Whittaker. Sie ist die Mathematiklehrerin, nicht wahr? Stimmt, sie war
bei dem Kinderfest dabei, ich erinnere mich jetzt. Hat sie etwas gesehen?«
»Es handelt sich nicht so sehr darum, daß sie etwas gesehen hat, als daß sie denkt, Sie könnten
etwas gesehen haben.« Mrs. Drake sah überrascht aus und schüttelte den Kopf. »Ich kann mich auf
nichts besinnen, was ich gesehen haben könnte«, sagte Rowena Drake. »Aber man kann natürlich nie
wissen.«
»Es hat mit einer Vase zu tun«, sagte Poirot. »Mit einer Blumenvase.«
»Einer Blumenvase?« Rowena Drake sah verdutzt aus. Dann glättete sich plötzlich ihre Stirn. »O
ja, natürlich. Jetzt weiß ich.
Eine große Vase mit Herbstlaub und Chrysanthemen stand auf dem Tisch am Treppenabsatz. Eine
sehr schöne Kristallvase.
Eins von meinen Hochzeitsgeschenken. Die Blätter schienen mir zu hängen und ein paar von den
Blumen auch. Ich erinnere mich, daß mir das auffiel, als ich durch die Diele ging ich glaube, es war
zum Ende des Festes hin, aber ich bin nicht sicher , und ich fragte mich, wie das kommt, und ging
hinauf und stippte mit dem Finger hinein und merkte, daß irgendein Idiot vergessen hatte, Wasser
einzufüllen. Ich war sehr böse.
Dann habe ich die Vase ins Badezimmer gebracht und gefüllt.
Aber was kann ich im Badezimmer gesehen haben? Es war niemand drin. Das weiß ich ganz genau.
Ich glaube, ein oder zwei von den älteren Mädchen und Jungen hatten sich im Verlauf des Abends
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Agatha Christie - Schneewittchen-Party
ein bißchen dort rumgeknutscht, aber als ich mit der Vase hineinkam, war niemand drin.«
»Nein, nein, das meine ich auch nicht«, sagte Poirot. »Aber soviel ich verstanden habe, geschah
dann ein kleines Malheur.
Die Vase glitt Ihnen aus der Hand und fiel hinunter in die Diele.«
»O ja«, sagte Rowena. »Sie ging in tausend Stücke. Ich war ziemlich unglücklich darüber, weil sie,
wie ich ja schon gesagt habe, eins von unsern Hochzeitsgeschenken war, und sie war wirklich ideal,
schwer genug für große Herbststräuße und ähnliches. Es war wirklich sehr ungeschickt von mir. Aber
so etwas passiert einem eben. Meine Finger glitten ab. Und sie fiel mir aus der Hand und hinunter in
die Diele. Elizabeth Whittaker stand gerade da. Sie hat mir dann geholfen, die Scherben
aufzusammeln und aus dem Weg zu schieben, damit niemand hineintrat. Wir fegten sie nur in die
Ecke bei der Standuhr, weggeräumt sollten sie erst später werden.« Sie sah Poirot fragend an. »War
es das, woran Sie dachten?« fragte sie. »Ja«, sagte Poirot. »Miss Whittaker wunderte sich, warum Sie
die Vase hatten fallen lassen. Sie dachte, daß Sie vielleicht erschreckt worden seien.«
»Erschreckt?« Rowena Drake sah ihn an und runzelte dann die Stirn in dem Versuch, sich zu
erinnern. »Nein, ich glaube nicht, daß mich etwas erschreckt hat. Es ist einfach passiert.
Manchmal fallen einem eben Sachen aus der Hand, beim Abwaschen zum Beispiel. Ich glaube, das
hat mit Müdigkeit zu tun. Ich war schon ganz schön müde nach den Vorbereitungen für das Fest
und dann das Fest selbst und so weiter. Aber es klappte alles sehr gut, das muß ich schon sagen. Ich
glaube, es war einfach eine Ungeschicklichkeit, wie sie einem passiert, wenn man müde ist.«
»Und Sie sind ganz sicher, daß Sie nichts erschreckt hat? Daß Sie nichts Unerwartetes gesehen
haben?«
»Gesehen? Wo? Unten in der Diele? In der Diele habe ich nichts gesehen. Sie war zu dem
Zeitpunkt leer, weil alle beim Feuerdrachen waren außer Miss Whittaker natürlich. Und ich glaube,
ich habe sie gar nicht bemerkt, bis sie kam und mir half.«
»Haben Sie vielleicht gesehen, wie jemand von der Tür zur Bibliothek wegging?«
»Von der Tür zur Bibliothek & Jetzt verstehe ich. Ja, das hätte ich sehen können.« Sie schwieg
eine ganze Weile und sah dann Poirot mit festem und geradem Blick an. »Ich habe niemand von der
Tür zur Bibliothek weggehen sehen«, sagte sie. »Absolut niemand & «
Er hatte seine Zweifel. Die Art, in der sie das gesagt hatte, brachte ihn auf den Gedanken, daß sie
nicht die Wahrheit sagte, daß sie vielmehr jemand oder etwas gesehen hatte, vielleicht nur, wie die
Tür sich ein wenig öffnete. Warum, fragte er sich, hatte sie mit solchem Nachdruck gesprochen?
Weil die Person, die sie da gesehen hatte, jemand war, von dem sie auch nicht einen Augenblick lang
annehmen wollte, daß er etwas mit diesem Verbrechen zu tun hatte? Jemand, an dem ihr etwas lag,
oder jemand und das war wahrscheinlicher, dachte er , den sie schützen wollte? Vielleicht jemand,
der noch fast ein Kind war, von dem sie annahm, daß ihm nicht wirklich bewußt war, was er da
Entsetzliches getan hatte.
Er hielt sie für eine harte, aber integre Frau. Sie gehörte zu dem Frauentyp, den man oft bei
Richterinnen oder Vorsitzenden von Beiräten und karitativen Verbänden antrifft und der immer dabei
ist, wenn es darum geht, das zu tun, was man früher : gute Werke9 nannte. Diese Frauen hatten einen
außerordentlich festen Glauben an mildernde Umstände und waren seltsamerweise immer bereit,
Entschuldigungen zu finden, vor allem bei jungen Kriminellen sie waren starre und kritische
Frauen, außer in diesen Fällen. »So«, sagte Poirot. »So.«
»Halten Sie es nicht für möglich, daß Miss Whittaker gesehen hat, wie jemand in die Bibliothek
hineingegangen ist?« schlug Mrs. Drake vor. Poirot zeigte sofort Interesse. »Ah, Sie meinen, so
könnte das gewesen sein?«
»Es scheint mir nur möglich. Es kann doch sein, daß sie gesehen hat, wie jemand in die Bibliothek
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Agatha Christie - Schneewittchen-Party
ging, vielleicht fünf Minuten vorher oder so, und als ich dann die Vase fallen ließ, kam ihr der
Gedanke, daß ich vielleicht dieselbe Person auch gesehen hatte. Daß ich vielleicht sogar gesehen
hatte, wer es war. Vielleicht ist es ihr unangenehm, etwas zu sagen, was eine Person belasten könnte,
von der sie nicht einmal genau weiß, ob sie sie wirklich gesehen hat, weil es ein viel zu flüchtiger
Augenblick war. Vielleicht war es ein Kind oder ein älterer Junge, den sie nur von hinten gesehen
hat.«
»Sie sind doch der Meinung, Madame, daß es sagen wir mal: ein Kind war ein Mädchen oder
Junge, oder ein Halbwüchsiger? Sie haben noch keine endgültige Meinung darüber, aber Sie glauben,
daß das Kind oder der Jugendliche der wahrscheinlichste Typ für dieses Verbrechen ist.« Sie
überlegte lange. »Ja«, sagte sie schließlich, »das wird wohl stimmen. Ich habe noch nicht darüber
nachgedacht. Aber ich habe den Eindruck, daß heutzutage viele Verbrechen von Jugendlichen
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