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haben.
Bresser schlug mit der Faust gegen die Tür. Das Holz war
so dick, daß seine Hiebe kaum ein Geräusch zu verursachen
schienen, aber sie wurden gehört: Nach einem Augenblick
drang das Scharren eines schweren Riegels durch die Tür,
dann schwang sie auf, und ein bleiches, stoppelbärtiges
Gesicht blinzelte in das ungewohnte Sonnenlicht hinaus.
Eine verschlafene Stimme nuschelte ein grobes: »Ja?!«
»Ich bin's«, sagte Bresser. »Ich bringe Besuch für den Gra-
fen.«
»Besuch? Wen?« Das Gesicht beugte sich ein wenig weiter
ins Sonnenlicht heraus, und Tobias glaubte einen der Män-
ner zu erkennen, die er gestern in Begleitung des Grafen
gesehen hatte. Aber er war nicht sicher. Er hatte auf die bei-
den Begleiter kaum geachtet.
Der Mann jedenfalls schien ihn nicht wiederzuerkennen,
denn er musterte ihn eine geraume Weile mit nicht sehr
freundlichen Blicken, dann zuckte er mit den Schultern und
trat zurück, um die beiden Besucher einzulassen. Bresser
machte eine einladende Geste, und Tobias quetschte sich an
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ihm vorbei und duckte sich unter der niedrigen Tür hin-
durch.
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Im Innern war es so dunkel, daß er im ersten Moment
blind war. Als sich seine Augen an das staubige Dämmer-
licht gewöhnt hatten, sah er, daß sie sich in einer winzigen,
fensterlosen Kammer befanden, deren zweiter Ausgang
ebenso schmal und niedrig war, aber hinter der Tür lag ein
überraschend heller, breiter Treppenaufgang, der nach oben
zu einer zweiflügeligen Tür führte; auch sie sehr massiv,
aber mit allerlei Zierat und Schnitzereien versehen.
»Wartet hier«, knurrte ihr Führer, als sie vor dieser Tür
angelangt waren. »Ich melde Euch dem Grafen. Wir werden
sehen, ob er Zeit hat.«
Tobias blickte ihn irritiert an, aber Bresser machte eine
rasche Geste, und er schwieg. Sie mußten sich auch nur
einige wenige Augenblicke gedulden, bis der Diener zurück-
kam und Bresser und Tobias mit einer barschen Geste zu ver-
stehen gab, ihm zu folgen.
Der Graf sah nicht minder überrascht aus als sein Tor-
wächter; aber er hatte sich sehr viel schneller wieder in der
Gewalt; nur einen einzigen Moment lang blickte er Pater
Tobias und Bresser an - Tobias überrascht, Bresser hinge-
gen eindeutig tadelnd -, dann zwang er ein Lächeln auf sein
Gesicht und trat Tobias mit ausgestreckter Hand entgegen.
»Pater Tobias!« rief er aus. »Welch freudige Überraschung,
Euch in meinem Haus begrüßen zu dürfen.«
Ȇberraschung? Ihr hattet mich eingeladen. Ihr habt sogar
darauf bestanden, daß ich Euch besuche.«
»Das stimmt. Aber ich habe nicht so bald mit Euch
gerechnet.« Er wedelte mit der Hand, als Tobias antworten
wollte, und legte ihm jovial den Arm um die Schulter, um
ihn mit sich zu ziehen. Tobias versteifte sich ein wenig. Er
mochte es nicht, berührt zu werden. In diesem Punkt hatte
er etwas von einem gehetzten Wild an sich. Zwar gab er sich
im allgemeinen Mühe, diese Abneigung zu überspielen, aber
Theowulf war sensibel genug, es zu spüren. Er zog den Arm
zurück und lächelte entschuldigend.
»Kommt herein, Tobias«, sagte er noch einmal. »Ihr müßt
müde sein. Es ist ein langer Weg von Buchenfeld bis hier-
her.«
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»Das ist es«, bestätigte Tobias. »Aber wir waren zu Pferd.«
»Dann will ich hoffen, daß Bresser Euch keine allzu
schlechte Mähre ausgesucht hat«, fügte Theowulf spöttisch
hinzu. »Das tut er gern, müßt Ihr wissen.« Er bemerkte das
leise Zusammenzucken Bressers und seufzte. »Ah, ich sehe
schon - er hat es getan. Laßt mich raten - die graue
Stute.«
Tobias nickte, und der Blick, mit dem Theowulf Bresser
maß, wurde noch strafender. »Du solltest dich schämen,
Bresser, unserem Gast so übel mitzuspielen. Der Gaul bricht
zusammen, wenn man auch nur eine fette Katze auf seinen
Buckel setzt. Und du solltest dich doppelt schämen, keinen
Boten vorausgeschickt zu haben, um eure Ankunft zu mel-
den.«
»Wir bedürfen nicht viel«, sagte Tobias.
»Ihr solltet so empfangen werden, wie es eines Mannes
Gottes würdig ist«, erklärte Theowulf. »Ihr überrascht mich
leider vollkommen.«
»Wir kommen ungelegen?« fragte Tobias.
»Keineswegs. Aber Ihr habt mein Haus ja bereits gesehen.
Es ist nicht sehr groß, und wir legen hier nicht viel Wert auf
Luxus. Ich werde sehen, was der Koch noch zubereiten
kann, aber ich fürchte, es wird ein eher einfaches Mahl
sein.«
»Macht Euch keine Mühe«, sagte Tobias. »Ich bin nicht
hungrig. Wir kommen direkt von Temsers Hof.«
Theowulf grinste. »Oh, ich verstehe«, sagte er. »Seine Frau
hat Euch mit den Wundern ihrer Küche verwöhnt.«
»Ich fürchte, ja«, sagte Tobias. Er lächelte und ließ die fla-
che Hand auf seinen Magen herabfallen. »Mehr als vielleicht
gut ist.«
»Wem sagt Ihr das?« fragte Theowulf. »Sie ist eine vorzüg-
liche Köchin. Ich besuche ihren Mann manchmal nur unter
einem Vorwand, um bei ihnen zu essen, ich gestehe es.«
Tobias lachte pflichtschuldig, während er sich immer
unwohler zu fühlen begann. Theowulfs Freundlichkeit
wirkte sonderbar aufgesetzt. Es mochte durchaus sein, daß
er nichts zu verbergen hatte - aber Tobias war plötzlich
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sicher, daß er doch ungelegen kam, ganz gleich, was Theo-
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wulf behauptete.
Sie betraten das Gemach des Grafen. Theowulf war nicht
allein. Der Raum ähnelte jenem Kaminzimmer im Turmhaus
von Buchenfeld; auch hier erhob sich vor dem Kamin eine
gewaltige Tafel. Fast ein Dutzend Stühle war besetzt, von
Männern, die aus völlig verschiedenen Ständen stammen
mußten - einige waren kostbarer als der Graf selbst geklei-
det, andere trugen einfache Jacken und Hosen wie Bauern
oder Knechte. Eine ausgiebige, aber einfache Mahlzeit war
aufgetragen worden, und gerade als Tobias und Bresser ein-
traten, schenkte ein Diener Bier aus.
»Oh«, sagte Tobias überrascht. »Ihr habt Gäste. Das tut
mir leid. Ich wollte nicht ungelegen kommen.«
»Das tut Ihr keineswegs«, sagte Theowulf entschieden.
»Sie wollten ohnehin gerade aufbrechen. Der Grund unserer
Zusammenkunft ist längst besprochen, aber Ihr wißt ja, wie
das ist: Man kommt ins Reden, und plötzlich sind Stunden
vorüber, ohne daß man es auch nur merkt.«
Tobias begann sich immer unwohler zu fühlen, zumal der
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