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doch Menschen! Warum laßt ihr euch von solchen
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Schurken vergewaltigen? Morgen werdet ihr euch
zusammensetzen und fünf tüchtige Männer aus
eurer Mitte wählen, die den Rat der Ältesten bil­
den. Einer soll dann nach dem Willen des Rates
ein Jahr lang regieren, Recht sprechen und Steuern
festsetzen. Ihr müßt auch eine bewaffnete Truppe
gegen die Grünen Khasch aufstellen, die sie ver­
treiben oder vernichten kann. Vergeßt nicht, daß
ihr Me nschen seid!«
Er schaute zur Zitadelle hinauf. » Zehn oder elf
dieser Schurken sind noch oben. Morgen könnt ihr
entscheiden, was mit ihnen geschehen soll. Viel­
leicht versuchen sie zu fliehen. Deshalb müßt ihr
Wachen aufstellen. Zwanzig Mann werden genü­
gen.« Reith deutete auf einen großen, kräftigen
Mann mit schwarzem Bart. »Du siehst tüchtig und
vertrauenswürdig aus. Nimm die Sache in die
Hand. Du bist der Kommandant. Nimm soviel
Männer, wie du brauchst und teile sie zur Wache
ein. Ich muß mich jetzt um meine Freunde kü m­
mern.«
Reith kehrte mit der Blume von Cath zum Gast­
haus zurück. Er hörte noch, wie der schwarzbärti­
ge Mann die Männer aufrief, die Wache halten
sollten. »Naga Goho ist billig weggekommen, weil
er nur gehängt wurde«, sagte er. »Den Schnappern
wollen wir aber einheizen!«
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Die Blume von Cath nahm Reiths Hand und küß­
te sie. »Ich danke dir, Adam Reith«, sagte sie, und
dann begann sie vor Erschöpfung zu weinen. Reith
küßte sie auf die Stirn und den Mund und vergaß
all seine guten Vorsätze.
Traz schlief schon in einer Kammer neben der
Gaststube. Neben ihm saß Anacho, der Dirdir­
mann. »Wie geht es ihm?« fragte Reith.
»Ziemlich gut«, brummte Anacho. »Ich habe
seinen Kopf gebadet. Er hat eine Beule, keinen
Schädelbruch. Morgen steht er wieder auf den
Füßen.«
Als Reith in die Gaststube zurückkehrte, war die
Blume von Cath nirgends zu sehen. Reith aß
nachdenklich eine Schüssel voll Eintopf und ging
nach oben in sein Zimmer. Dort wartete sie auf
ihn.
Sie sagte: »Ich habe noch einen letzten, einen
ganz geheimen Namen, und den sage ich nur me i­
nem Geliebten. Komm näher& «
Reith beugte sich zu ihr hinab, und sie flüsterte
ihm den Namen ins Ohr.
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Am folgenden Morgen besuchte Reith den Lade­
platz der Wagen. Er lag am äußersten südlichen
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Stadtrand und war der Umschlagplatz für alle Gü­
ter der Region. Die Wagen rumpelten zu den La­
derampen, die Wagenführer schwitzten und fluc h­
ten und schienen unempfindlich zu sein für Hitze,
Staub, Gestank, Gebrüll der Tiere und die Klagen
der Jäger und Gemüselieferanten, deren Waren
immer bedroht waren und von nach guten Plätzen
suchenden Wagenfü hrern.
Einige der Wagen waren mit zwei Fuhrleuten
oder einem Wagenmeister und einem Helfer aus­
gestattet, andere wurden von einem einzelnen
Mann besorgt. Einem der letzteren näherte sich
Reith.
»Fährst du heute nach Dadiche?« fragte er ihn.
Per Wagenmeister war ein kleiner, magerer
Mann mit schwarzen Augen in einem Gesicht, das
nur aus Nase und Stirn zu bestehen schien. »Ja­
wohl«, antwortete er.
»Und wie geht es dann weiter, wenn du in Dadi­
che ankommst?«
»Ich werde dort niemals ankommen, wenn ich
meine Zeit mit Schwatzen vertue.«
»Keine Angst, du sollst nicht zu kurz kommen.
Was tust du da?«
»Ich fahre zum Abladeplatz. Die Träger bringen
die Waren weg, und ich bekomme von einem
Schreiber eine Quittung. Dann gehe ich zum
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Schalter, und dort bekomme ich meine Sequinen
oder eine Zahlungsanweisung. Es kommt darauf
an, ob ich einen Auftrag für eine Ladung nach
Pera habe. Habe ich sie, dann bringe ich meine
Zahlungsanweisung zur Fabrik oder zum Lager­
haus, dort lade ich auf und kehre nach Pera zu­
rück.«
»Du hast also keine bestimmten Vorschriften, wo
du dich in Dadiche aufhalten kannst und wo
nicht?«
»Selbstverständlich gibt es da Einschränkungen.
Sie mögen es gar nicht, wenn die Wagen am Fluß
entlang zwischen ihren Gärten herumfahren. Sie
wollen auch keine Leute im Süden der Stadt, wo
ihre Rennstrecken sind. Man sagt, dort lassen die
Dirdir ihre Wagen laufen.«
»Und sonst gibt es keine Vorschriften?«
Der Wagenführer musterte Reith. »Warum willst
du das wissen?«
»Ich möchte mit dir nach Dadiche und wieder
zurückfahren.«
»Ausgeschlossen! Du hast keine Lizenz.«
»Die besorgst du mir eben. Ich bin bereit, eine
angemessene Summe dafür zu bezahlen. Was ver­
langst du?«
»Zehn Sequinen. Und weitere fünf für die Li­
zenz.«
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»Viel zuviel! Zehn Sequinen für alles zusammen,
oder zwölf, wenn du mich dahin fährst, wohin ich
will.«
»Bah! Hältst du mich etwa für einen Narren? Die
Götter mögen wissen, wohin du fahren willst.«
»Keine Angst. Es ist in Dadiche, nur eine kurze
Strecke. Ich möchte nur etwas ansehen, das mich
interessiert.«
»Für fünfzehn Sequinen, nicht weniger.«
»Dann mußt du mir aber passende Kleider be­
sorgen.«
»Na, schön. Dann sage ich dir gleich noch etwas:
>Nimm nichts mit, was du jetzt an Metall bei dir
trägst, denn das riechen sie. Deine Kleider ziehst
du alle aus, reibst dich mit Lehm ein und trocknest
dich mit Annelblättern ab. Außerdem kaust du
Annel, um deinen Atem zu tarnen. Das mußt du
sofort tun, denn ich fahre in einer halben Stunde
weg.
Reith tat dies alles, obwohl ihm die Haut juckte,
als er in die alten Kleider des Fuhrmannes schlüpf­
te. Emmink, so hieß der Mann, untersuchte Reith
noch nach Waffen, die in der Stadt verboten waren
und steckte eine Scheibe aus weißem Glas an
Reiths Schulter. »Das ist die Lizenz. >Sechsund­
achtzig
kein Wort mehr. Und steig nicht vom Wagen ab.
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Wenn sie riechen, daß du ein Fremder bist, kann
ich nichts für dich tun, also schau mich erst gar
nicht an.«
Bald rumpelte der Wagen den grauen Hügeln
entgegen. Emmink war mißmutig und nicht ge­
sprächig und zeigte kein Interesse für Reiths
Gründe, nach Dadiche zu reisen. Auch Reith
schwieg.
Dann fuhren sie über den Paß, den Emmink Bel-
bal-Paß nannte, und da lag Dadiche zu ihren Fü­
ßen: eine Stadt von bizarrer und irgendwie dro­
hender Schönheit. Reith fühlte sich nun deutlich
unbehaglich, denn er war der Meinung, trotz der
anderen Kleider gleiche er nicht den übrigen Fuhr­
leuten, und vor allem rieche er nicht so. Würde
sich Emmink als zuverlässig erweisen? Schließlich
war er doch kein Mensch wie er und Traz und wie
Anacho, und seine Ahnen waren sicher vor langer
Zeit von der Erde gekommen. Aber Emmink war
ein Tschai-Mann geworden, und seine Seele war
von der harten Landschaft, der gedämpften Sonne,
dem grauen Himmel und den weichen Erdfarben
bestimmt. Reith wollte also dem Fuhrmann nicht
weiter vertrauen als sein Arm reichte.
»Wo gibst du deine Ladung ab?« fragte er ihn.
»Wo ich eben den besten Preis bekomme«, wur­
de ihm geantwortet. »Das kann auf dem Nord­
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oder Flußmarkt sein, aber auch im Basar von Bon­
te.«
»Ah, ich verstehe.« Er deutete auf das große
weiße Gebäude, das er am Tag vorher entdeckt
hatte. »Und was ist das dort?«
Emmink zuckte desinteressiert die Achseln.
»Das geht mich nichts an. Ich kaufe, transportiere
und verkaufe nur.«
»Hm. Nun, ich will an diesem Gebäude vorbei­
fahren.«
»Das liegt nicht auf meiner Route«, murrte Em­
mink.
»Mir ist das egal. Ich habe dich ja dafür bezahlt.«
Nach einer Weile, antwortete der Fuhrmann:
»Erst fahren wir zürn Nordmarkt, um einen Preis
für meine Ware zu bekommen, dann zum Basar
des Bonte. Unterwegs fahren wir an dem Gebäude
vorbei.«
Sie rollten den Hügel hinab, kamen zu einem
Garten mit grünen, federigen Büschen, in dem sich
schwarzgrün gefleckte Zikaden tummelten. Vor
ihnen lag nun die Stadtmauer von Dadiche. Sie
war etwa zehn Meter hoch und aus einem braun­
schimmernden synthetischen Material erbaut. Am
Tor wurden sie von einer Gruppe Khaschmänner
in purpurroten Hosen, grauen Hemden und hohen,
konisch zulaufenden Filzhüten kontrolliert. Sie
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